Kurzinfo aufgrund von Anfragen zu dem Themengebiet sexueller Missbrauch

 – hier: Theaterprojekt „Mein Körper gehört mir!“ an staatlichen Schulen –


I Zum Theaterprojekt allgemein

Das Theaterprojekt „Mein Körper gehört mir!“ der „theaterpädagogischen werkstatt“ Osnabrück will Grundschüler der 3. und 4. Klasse erreichen. Durch das Programm „soll das Ich des Schülers, sein Selbstvertrauen, seine Bereitschaft zur Abwehr von Übergriffen und zur Suche nach Hilfe Dritter gestärkt werden. Es soll dem Kind helfen, Ja- und Nein-Gefühle zu unterscheiden und die Regeln zu lernen, Gefahrensituationen vorzubeugen“ (Begleitmaterial zu diesem Theaterprojekt, S.2). Diese Regeln bestehen aus drei Fragen, die den Kindern an die Hand gegeben werden, um sich richtig zu verhalten (ebd. S.7):

 1. Frage:  Habe ich ein Ja- oder Nein-Gefühl?
 2. Frage:  Weiß eine vertraute Person, wo ich bin?
 3. Frage:  Bekomme ich Hilfe, wenn ich welche brauche?

Diese drei Fragen „können“, so das Begleitmaterial (S.7), den Kindern „helfen, eine gute Wahl zu treffen.“ Beantwortet das Kind eine dieser Fragen mit Nein, dann soll es auch Nein sagen (ebd. S.7).

Das Theaterprojekt ist interaktiv und besteht aus drei Programmteilen, die drei Themenbereiche beinhalten: Gefühle erkennen und mitteilen, Begegnungen mit Fremden und sexueller Missbrauch durch Familienmitglieder /andere vertraute Personen.

Die Programmteile enthielten z.B. in Salzkotten 2007 an der Liboriusschule folgende Szenen:

1. Teil: Gefühlstraining: Ein Mädchen bürstet einem Jungen das Haar. Anfangs findet er es angenehm. Doch dann wird das Bürsten schmerzhaft, und schließlich sagt der Junge: „Nein!“

2. Teil: Begegnung mit Fremden: „Ein Mädchen spielt in einem Park. Der Vater des Mädchens ist ebenfalls dort, aber in ein Gespräch vertieft. Ein Fremder kommt und sucht angeblich seinen Hund. Das Mädchen und der Fremde kommen ins Gespräch, und sie hilft ihm bei der Suche. Der Fremde lockt das Mädchen in eine entlegene Ecke des Parks, wo er sie von hinten greift und ihr den Mund zuhält.“

3. Teil: Sexueller Missbrauch durch Familienangehörige und vertraute Personen. „Ein Junge wird von seinem Onkel sexuell missbraucht. Er will, dass der Onkel damit aufhört, doch der setzt ihn unter Druck. Der Junge erzählt seiner Muter von dem Missbrauch. Die Mutter kann sich nicht vorstellen, dass der Junge recht hat, und schickt ihn ins Bett. Darauf spricht der Junge seinen Trainer an, aber auch hier erhält er keine Hilfe. Wieder allein, erzählt der Junge von einem Gespräch mit der Mutter eines Freundes – diese gibt ihm selbst die Schuld an dem Missbrauch. Der Leidensdruck wird im Laufe der Zeit immer größer, so dass der Junge einen vierten Anlauf nimmt und zu seiner Lehrerin geht. Diese hört ihm zu und bietet ihre Unterstützung an.“ 


Einige Schulen haben dieses Theaterprojekt zur Schulpflichtveranstaltung gemacht, so dass die Nichtteilnahme als Schulpflichtverletzung in NRW z.B. mit Bußgeldbescheiden geahndet wird, wenn keine Befreiung erteilt ist.


II  Beurteilung von Eltern, die ihre Kinder nicht an dem Projekt haben teilnehmen lassen und dafür Bußgelder und Erzwingungshaft auf sich genommen haben (die Presse berichtete darüber).

Diese Eltern sahen das Theaterprojekt in der Schule, bevor es in den Klassen ihrer Kinder gezeigt wurde. Die Eltern lehnten die Teilnahme ihrer Kinder ab. Sie haben ihre Ablehnungsgründe in ihrer Anhörung der Schulbehörde mitgeteilt (Schreiben vom 15.06.07). Sie halten dieses Projekt für falsch und schädlich. Das Projekt sexualisiere die Kinder, sei ausschließlich emanzipatorisch, bewahre die Kinder nicht vor sexuellem Missbrauch, sondern legitimiere ihn, wenn die Kinder diesem gefühlsmäßig zustimmten, zersetze die elterliche Autorität, verstoße gegen die christliche Ethik, und dem Projekt fehle der Nachweis, dass es wissenschaftlich fundiert sei.


III  Beurteilung von SchuzH

SchuzH prüfte das Begleitmaterial und das Lied „Körpersong“ zu diesem Theaterprojekt. Danach ist die Beurteilung der Eltern zu bestätigen.


1. Das Projekt ist einseitig ideologisch emanzipatorisch ausgerichtet
und steht damit im Gegensatz zur Neutralitätspflicht der Schule.

Das Projekt ist nicht wertneutral, es ist nicht nach verallgemeinerungsfähigen Kriterien gestaltet und verletzt damit die staatliche Neutralitätspflicht. Es unterrichtet die Kinder ausschließlich ideologisch einseitig im Sinne der emanzipatorischen Weltanschauung und ist damit grundgesetzwidrig.

Das Projekt lehrt die Kinder, dass sie in ihrem sexuellen Verhalten frei, emanzipiert von Eltern, Normen, ethischen und moralischen Vorstellungen seien. Die Kinder entscheiden frei – selbstbestimmt.

Das Projekt schärft den Kindern ein, dass sie an dem sexuellen Missbrauch nie eine Schuld trifft (ebd. S. 2 und 7). Das Kind kann also machen, wozu es Lust hat, und alle Mahnungen und Regeln in den Wind schlagen, weil es niemandem verantwortlich ist, außer sich selbst. Eltern stehen nicht mehr im Raum. Das Kind erlebt sich allein.

Mahnungen an Kinder zu richten ist falsch – so heißt es im Begleitprogramm (S. 2):

„Mahnungen wie „Geh nicht mit Fremden“ richten das Schuldempfinden des Kindes auf sich selbst. Das Programm zeigt, wie falsch diese Strategie ist: Bei sexuellem Missbrauch trägt die Schuld nie auch das Opfer, sondern immer nur der Täter.“

Mahnungen werden als falsch hingestellt, weil sie der emanzipatorischen Ideologie widersprechen.

Das Kind wird mit dieser emanzipatorischen Sexualerziehung einem Erwachsenen gleichgestellt. Das Kind wird nicht mehr als ein zu beschützendes gesehen. Es verliert damit den Schutz, den klare verbindliche Normen von den Eltern ihm bieten. Ist das Kind so auf sich selbst gestellt, hat es ein Täter leicht, es entsprechend zu beeinflussen und sich gefügig zu machen.

Damit verletzt das Projekt nicht nur die Neutralitätspflicht der Schule, sondern gefährdet das Kindeswohl.


2. Die emanzipatorische Sexualerziehung steht im Gegensatz zum elterlichen Erziehungsrecht.

Eltern haben aufgrund ihrer grundgesetzlich gewährleisteten Erziehungsverantwortung (Art. 6 II Satz 1 GG) das Recht und die Pflicht, ihr Kind vor Kindeswohlgefährdungen zu schützen (§ 1666 I BGB) – dazu gehört auch der Schutz vor sexuellem Missbrauch. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, wird ihnen das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen.

Nach dem Projekt haben die Eltern dieses Recht und diese Pflicht nicht. Das Projekt steht damit im Widerspruch zum Grundgesetz.

Das Projekt gibt den Kindern vor, sie hätten über ihr Sexualverhalten selbst zu bestimmen – unabhängig von ihren Eltern. Damit emanzipiert das Projekt die Kinder aus der elterlichen Erziehungsverantwortung (Art. 6 II Satz 1 GG und § 1666 BGB) und damit aus dem elterlichen Fürsorgeverhältnis, um sie auf sich selbst zu stellen, was für sie auf Grund ihres Alters aber unzumutbar ist. Kinder sind Kinder und bedürfen der Erziehung. Sie sind keine Erwachsene. Das verkennt das Projekt auf Grund seiner emanzipatorischen Ausrichtung und gefährdet damit die Kinder. 


3. Das Projekt steht im Gegensatz zu den polizeilichen Präventionshinweisen, an die sich die betroffenen Eltern halten u. gehalten haben.

Die Missbrauchsprävention der Polizei („Wie schütze ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch durch fremde Täter?“) richtet sich unter Beachtung geltenden Rechts an die Eltern und erwartet von diesen, dass sie die polizeilichen Hinweise in ihrer Kindererziehung umsetzen, um ihrer Elternverantwortung zu genügen. 

Danach haben die Eltern ihr Kind u. a. zu mahnen (S.1):

„...sagen Sie ihm immer wieder, dass es weder mit Fremden mitgehen noch in ein Auto einsteigen darf. Verdeutlichen Sie Ihrem Kind, dass es nur dann mit anderen Menschen mitgehen darf, wenn Sie es ausdrücklich genehmigt haben. Vereinbaren Sie mit ihrem Kind, dass es ihnen darüber berichtet, wenn es zum Mitgehen oder Mitfahren aufgefordert wurde.“ 

Danach haben die Eltern ihrem Kind zu erklären (ebd.):

... „dass es versuchen soll, ganz schnell zu anderen Leuten zu laufen, wenn jemand es mit Gewalt mitnehmen oder zu etwas zwingen will.“

Nach dem Theater-Projekt jedoch ist es falsch, Kindern Mahnungen zu erteilen wie: „Geh nie mit einem Fremden!“, und es ist auch entsprechend falsch, das Kind zu ermahnen, „ganz schnell wegzulaufen“, wenn es in akuter Gefahr ist.

Das Projekt gefährdet mit dieser seiner Belehrung die Kinder und fördert damit ihren  sexuellen Missbrauch.


4. Das Projekt steht im Gegensatz zum strafrechtlichen Kinderschutz des § 176 I StGB

§ 176 I StGB (Strafgesetzbuch) lautet:

„Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe ... bestraft.“

Das Gesetz stellt sexuelle Handlungen von strafmündigen Personen (Jugendliche und Erwachsene) an Kindern unter Strafe, unabhängig davon, ob diese eingewilligt haben oder nicht. 

§ 176 StGB will die kindliche Gesamtentwicklung von sexuellen Erlebnissen freihalten, die nicht in der kindlichen Entwicklung selbst, sondern in den sexuellen Motiven Erwachsener oder Jugendlicher begründet sind (Tröndler, Fischer, Komm. zum StGB, 51. Auflage, §176 Anm. 2). Nach Prof. Hellbrügge vom Kinderzentrum München fehlt in der gesamten Kindheit das Begreifen des Geschlechtlichen und das Nachvollziehen geschlechtlicher Erlebnisse („Experten zur Sexualerziehung“, 1982, S.3), so dass dieser umfassende strafrechtliche Schutz für Kinder notwendig ist, um ihre Persönlichkeitsentwicklung nicht zu schädigen. Auch sexuelle Handlungen mit Einwilligung des Kindes sind daher unter Strafe gestellt und müssen es auch zum Schutz der Kinder bleiben.  

Das Projekt vermittelt den Kindern aber, dass nur das sexueller Missbrauch sei, was gegen ihren Willen geschieht. Die „kindgerechte“ Definition von sexuellem Missbrauch lautet (Begleitmaterial S.7):

„Wenn du ein Mädchen bist und jemand fasst dir an deine Brust oder an deine Scheide oder an deinen Po, und du hast dabei ein komisches Gefühl, also ein Nein-Gefühl, dann ist das sexueller Missbrauch. Und wenn du ein Junge bist und jemand fasst dir an deinen Penis oder an deinen Po, und du fühlst, es stimmt etwas nicht, und du hast dabei ein Nein-Gefühl, dann ist das sexueller Missbrauch. Und es ist auch sexueller Missbrauch, wenn dich jemand überredet oder zwingt, Teile seines Körpers anzufassen oder anzuschauen. ...

Sexueller Missbrauch beginnt, wo der Erwachsene oder Jugendliche nur zur persönlichen Befriedigung seiner Sexualität zärtlich ist, wo das Kind zur Zärtlichkeit gedrängt wird, wo es darüber schweigen soll, also wo sich das Kind benutzt fühlt.“

Sexueller Kindesmissbrauch ist danach nur noch die sexuelle Handlung, die das Kind  nicht will. Sexueller Kindesmissbrauch liegt danach nicht vor, wenn das Kind in die sexuelle Handlung eingewilligt hat – aufgrund seines Ja-Gefühls.

Damit wird dem Kind vermittelt: es kann auch sexuellen Kontakt mit Jugendlichen und Erwachsenen haben, wenn es will. Diese falsche Belehrung wird durch das Lied des Projektes verstärkt (Körpersong, 2.Strophe):

„Wenn ich berührt werde, weiß ich, wie's mir geht!
Mein Gefühl, das ist echt, mein Gefühl hat immer Recht.
Nein zu sagen, stark zu bleiben, ist oft sehr schwer,
doch ein Nein-Gefühl sagt mir: ich will das nicht mehr.“

Damit unterläuft das Projekt die Schutzfunktion des §176 I StGB und fördert damit den sexuellen Kindesmissbrauch mit Zustimmung des Kindes.


5. Dem Projekt fehlt die wissenschaftliche Fundierung

Die betroffenen Eltern haben bereits in ihrer Anhörung und immer wieder um den Nachweis der wissenschaftlichen Fundierung gebeten – erneut anlässlich des diesjährigen Einsatzes des Projektes in der Liboriusschule.

Dieser liegt ihnen bis heute nicht vor, obwohl die staatliche Sexualerziehung wissenschaftlich fundiert sein muss (KMK-Beschluss 06.10.1968).


6. Das Projekt verstößt gegen die Glaubenserziehung der betroffenen Eltern

Das Projekt belehrt die Kinder, dass sie sexuellen Kontakt mit jedem haben können, wenn sie dies wollen. Die Eltern erziehen dagegen ihre Kinder entsprechend der christlichen Ethik und den Geboten Gottes. Danach gehört die Sexualität in die Ehe, und Kinder haben danach ihren Eltern zu gehorchen.

Das Bundesverfassungsgericht hat einen solchen Konflikt zwischen staatlicher und elterlicher Erziehung zugunsten der Eltern wie folgt entschieden (BVerfGE 93,1/17):

„Im Verein mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht garantiert, umfaßt Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, sie von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch und schädlich erscheinen.

Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass ein Kreuz an der Wand eines Klassenzimmers einer staatlichen Schule die Eltern in ihrer anthroposophischen Glaubenserziehung verletzt hat. Das Bundesverfassungsgericht gab den Eltern recht: Das Kreuz greife in die negative Glaubensfreiheit der Eltern ein. Das Kreuz musste weichen, anderenfalls hätten die Kinder nicht in die Schule gezwungen werden können.

An diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind alle Gerichte und Behörden gebunden.
 

7. Das Projekt sexualisiert eher, als dass es schützt

Das Theaterprojekt ist „eine Collage in Monolog, Dialog und Lied für zwei Darsteller. Leichtverständliche Alltagsszenen, die die Schüler nicht auf reine Konsumierung beschränken, sondern, indem die Darsteller zur Interaktion aus ihren Figuren heraustreten, zu Rollenspielen, Fragen und Gesprächen anregen – zu Mitgestaltung, Analyse und Kommentar“ (Begleitmaterial S.2).

Die als leichtverständliche Alltagsszenen bezeichneten Szenen sind weder für Grundschüler leichtverständlich, noch sind es Alltagszenen im Sinne des Wortes. Eine solche Verallgemeinerung kann nicht getroffen werden. Die Darstellungen und Aussagen solch heftiger Missbrauchsszenen, die wohl vereinzelt auftreten können, sind psychologisch und entwicklungsmäßig für 9- und 10-jährige Schüler schädlich. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Gewaltszenen der zarten Psyche eines Kindes schaden. Das gilt insbesondere für Kinder, die von ihren Eltern vor Konfrontationen mit sexuellen Darstellungen und Verhaltensweisen geschützt werden, die ihrem Reifegrad nicht entsprechen, und die die weltanschauliche oder religiöse Überzeugung der Eltern unterlaufen. Diese Kinder bleiben nicht ohne Aufklärung. Für die Eltern ist sexueller Kindesmissbrauch kein Tabu-Thema, und ihre Kinder sitzen auch nicht in der Falle, wie die Schulleiterin meint (Idea-Spektrum 15/2010, S. 35), sondern die betroffenen Eltern schützen ihre Kinder vor sexuellen Übergriffen nach traditionellen, bewährten Methoden, wie sie die Polizei in ihrer Präventionsinfo Eltern an die Hand gibt (Anlage). Diese Ratschläge der Polizei sind, wie die Eltern der Schulbehörde gegenüber erklärten, „selbstverständlich für ihre Erziehung“ (Anhörung der Betroffenen S.3 vom 15.06.07). In dieser Weise aufgeklärte Kinder werden durch die Lehrinhalte des Projektes und durch seine Darstellungen schockiert, verstört, irritiert und nehmen Schaden.   

Unabhängig davon werden Kinder, die durch erwachsene Schauspieler Szenen des sexuellen Missbrauchs vorgespielt bekommen und in Rollenspielen diesen selbst spielen, eher sexualisiert als geschützt. Es werden nicht nur ihre natürlichen Schamgrenzen durchbrochen und damit zerstört, sondern der sexuelle Missbrauch verliert seine Schrecklichkeit – er wird zu einem Spiel und verführt dazu, das Gelernte nicht nur im Rollenspiel anzuwenden, sondern auch in der Realität auszuüben.

 

Rechtliche Aspekte

I Gesetzeslage

1. Das Theaterprojekt als staatliche Sexualerziehungsmaßnahme darf nicht ohne wissenschaftlichen Nachweis in Schulen eingesetzt werden (KMK-Beschluss 06.10.1968). Dieser Nachweis wird seit 2007 – dem Jahr der Übernahme dieses Projektes in die Sexualerziehung der Liboriusschule – den Eltern nicht vorgelegt. Es muss davon ausgegangen werden, dass es diesen Nachweis nicht gibt. Die Einsetzung des Theaterprojektes in den staatlichen Schulen ist damit rechtswidrig. An einem rechtswidrigen Pflichtunterricht braucht kein Kind teilzunehmen. Die Schule muss Befreiung erteilen.

2. Das Theaterprojekt ist ausschließlich emanzipatorisch ausgerichtet und kann daher  in keiner staatlichen Schule eingeführt werden, ohne dass diese ihre Neutralitätspflicht verletzt und damit verfassungswidrig handelt. Kein Schüler muss an einer verfassungswidrigen Pflichtveranstaltung der Schule teilnehmen. Die Schule muss Befreiung erteilen.

3. Das Theaterprojekt verstößt gegen den 2. Leitsatz des Sexualbeschlusses des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfGE 47,46 f), indem es für andere Wertvorstellungen als die emanzipatorische nicht offen ist und keine Rücksicht auf religiöse Glaubenseinstellungen der Eltern auf dem Gebiet der Sexualität nimmt. Es besteht keine Pflicht, an einer Sexualerziehung teilzunehmen, die gegen ihre Zulassungsvoraussetzungen verstößt. Die Schule muss Befreiung erteilen.

4. Eltern haben das Recht, ihre Kinder von diesem Projekt fernzuhalten (Art. 6 II Satz 1 GG i.V.m. Art. 4 I GG), wenn sie die emanzipatorische Weltanschauung, die dieses Projekt vertritt, nicht teilen, sondern für falsch und schädlich für ihre Kinder halten (BVerfGE 93,1/17). Die Schule muss Befreiung erteilen.

5. Die staatlichen Schulen sind verpflichtet, die Glaubenserziehung der Eltern in ihrem Unterricht sicherzustellen (Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK). Dieses Projekt stellt die Glaubenserziehung z.B. der Betroffenen, die sich an die christliche Ethik und die Gebote Gottes halten, nicht sicher, sondern unterläuft sie. Diese Eltern brauchen daher ihre Kinder nicht an diesem menschenrechtswidrigen Projekt teilnehmen zu lassen. Die Schule muss Befreiung erteilen.

6. Der grundrechtliche Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG) steht auch dem Kind zu. Das Kind hat danach ein Recht, jeden staatlichen Eingriff in seine persönliche Intimsphäre, z. B. durch Überschreitung seiner Schamgrenzen, abzuwehren. Danach können die Kinder von dem Projekt fernbleiben, wenn dieses ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Schule muss Befreiung erteilen.

7. Das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG) steht auch den Kindern zu. Verletzt das emanzipatorische Projekt ihre Weltanschauung oder Religion, besteht keine Teilnahmepflicht. Die Schule muss Befreiung erteilen.  


II Zur Durchsetzbarkeit dieser Rechte
 
Die Liboriusschule erteilt seit 2005 keine Befreiungen, weder vom Sexualkunde-Unterricht – und seit 2007 auch nicht von diesem Theaterprojekt.

1. Die Eltern, die ihre Kinder dennoch von diesem Projekt an der Liboriusschule in Salzkotten ferngehalten haben, sind zu Bußgeldern verurteilt worden, ohne dass die Gerichte im Instanzenzug bis hin zum Bundesverfassungsgericht das Theaterprojekt auf seine Rechtmäßigkeit überprüft hätten und auf die Argumente der Eltern eingegangen wären. Im Fall der Eltern D. z.B. (die Mutter saß deswegen Anfang April 2010 8 Tage in Erzwingungshaft) genügte dem Gericht – um keine Sachaufklärung betreiben zu müssen – die Aussage der Schulleiterin, dass die Schule dieses Theaterprojekt ausgesucht habe, die Schulkonferenz es zur verpflichtenden Schulveranstaltung machte und die Polizei dieses Theaterprojekt den Schulen empfehle. Die Gründe der Eltern (oben I) werden in dem Urteil (S.4) wie folgt abgetan: „Soweit sich die Betroffenen auf ihre Glaubensfreiheit sowie ihr elterliches Erziehungsrecht berufen, werden diese Grundrechte vorliegend eingeschränkt durch den staatlichen Erziehungsauftrag“ (AG Paderborn Az.: 23 OWi 361 Js 389/8-316/08, S.4).

Der Europäische Gerichtshof hat nun über die dort anhängigen Verfahren zu entscheiden, ob durch die Teilnahmepflicht an dem Theaterprojekt europäisches Menschenrecht verletzt wird.

 

Anmerkung zur konkreten Situation in Salzkotten:

Das Theaterprojekt wird seit 2007 jährlich an der Liboriusschule in Salzkotten eingesetzt. Eltern, die, wie die Betroffenen, mehrere Kinder haben, werden fast jedes Jahr mit steigendem Bußgeld und dann entsprechender Erzwingungshaft belegt, weil sie zum Schutz ihrer Kinder diese nicht an dem Projekt „Mein Körper gehört mir!“ teilnehmen lassen.

 Die Erzwingungshaft ist erneut für zwei Väter angeordnet worden; sie müssen für 20 bzw. 40 Tage ins Gefängnis.   

 


Schulunterricht zu Hause e.V.

i. V. Gabriele Eckermann

Datum: 20.04.2010