NACHRICHTEN

In die nächste Instanz

Alex Blinten

20. Januar 2005

SCHWARZENBRUCK — Das Ehepaar Großelümern will sich mit dem Ordnungswidrigkeitsurteil in Sachen Schulpflichtverletzung nicht abfinden. Wie berichtet, wurden die Schwarzenbrucker zu einer Geldbuße in Höhe von 1100 Euro verurteilt, weil sie ihre achtjährige Tochter Christina seit zwei Jahren nicht in die öffentliche Schule schicken und stattdessen das Kind daheim selbst unterrichten. Christina erhält Unterricht mit Materialien der Philadelphia Fernschule Siegen, über die auch Kinder unterrichtet werden, die mit ihren Eltern im Ausland leben.

„Weil wir unsere vorgetragenen Gründe nicht ausreichend gewürdigt sehen, werden wir auf jeden Fall Rechtsmittel einlegen und in die höhere Instanz gehen“, sagt Jörg Großelümern.

[b]Bis nach Straßburg[/b]

Notfalls will das Ehepaar seine Sache bis vor den Europäischen Gerichtshof in Straßburg bringen, wo jetzt schon eine Reihe von Klagen in derselben Angelegenheit anhängig sind.

Wie berichtet, weigern sich die Großelümern aus weltanschaulichen Gründen, ihr Kind auf eine öffentliche Schule zu schicken. Deutliche Kritik üben sie an der Praxis des Sexualkundeunterrichts bereits in den ersten Klassen der Grundschule.

Horst Steinauer, Leiter des Schulamts im Nürnberger Land, kennt die Problematik seit Jahren. Er verweist auf die in Bayern bestehenden Gesetze, die Eltern verpflichten, ihre Kinder entweder auf eine öffentliche oder ein private Schule zu schicken. Als man beim Schulamt erfuhr, dass Christina nicht für den Schulunterricht angemeldet wurde, hat man die Eltern angeschrieben und sich dann in einem persönlichen Gespräch über deren Vorgehen informiert. „Wir haben dann zunächst einmal recherchiert, mit welchen Materialien Christina unterrichtet wird und was es mit der Siegener Fernschule auf sich hat“, so Steinauer. „Leider haben sich die Eltern im Gespräch nicht einsichtig gezeigt.“

[b]Neue Situation[/b]

Das Ehepaar Großelümern hat sich vor geraumer Zeit auch an das Kultusministerium und sogar an den Petitionsauschuss des Landtags gewandt, hatte mit seinem Anliegen dort aber keinen Erfolg. Nachdem das Amtsgericht in Hersbruck nun ein Urteil gesprochen hat, gibt es auch für Steinauer eine neue Situation. Wenn Christina weiterhin nicht in die Schule geschickt wird, dann wäre eine Erzwingungshaft für die Eltern die letzte Konsuquenz, um die Schulpflicht durchzusetzen, so Steinauer. „Aber im konkreten Fall kann ich mir das einfach nicht vorstellen, so zu verfahren.“ Der Schulamtsleiter bedauert aber ausdrücklich, dass das Ehepaar Großelümern es abgelehnt hat, sein Kind auf eine Montessori-Schule oder eine Waldorf-Schule zu schicken. Man habe im Gespräch diese und andere Alternativen zu öffentlichen Schulen angeboten. Jetzt will man sich im Schulamt zunächst einmal beraten, wie weiter zu verfahren ist.

Für Jörg und Esther Großelümern besteht das Kernproblem in einem verengten Bildungsbegriff, an dem das bayerische Kultusministerium festhält. Gern hätte er im Prozess ausführlicher zu den positiven Aspekten des Home-Schoolings Stellung genommen, so Jörg Großelümern.

Er nennt in diesem Zusammenhang die Förderung des Familienzusammenhalts, besseres, entspanntes Lernen und individuelle und charakterliche Förderung. Zusammen mit dem Verein „Schulunterricht zu Hause e.V.“ will die Schwarzenbrucker Familie weiter für ihr Anliegen kämpfen.