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Lernen jenseits der Schule

Kongress zum Thema Hausunterricht lockt rund 200 Besucher aus ganz Deutschland ins Kulturhaus. Teilnehmer eint die Ablehnung der Schulpflicht

Sebastian Schmidt

14. Februar 2005

 

Mutter mit Baby im Publikum

Rund 200 Besucher nahmen am Homeschooling-Kongress teil. Aus Furcht vor Behördendruck zeigten viele davon aber eine gewisse Scheu vor Pressekameras

LÜDENSCHEID · Die allgemeine Schulpflicht ist ein hohes Rechtsgut und sorgt für einigermaßen gerechte und gleiche Startchancen im Leben. So jedenfalls sagen es staatliche Behörden und offizielle Politik. Und so hat es wohl auch das Gros der Bevölkerung inzwischen verinnerlicht. Es gibt aber auch eine andere Sicht der Dinge. Das wurde jetzt bei einem Kongress im Lüdenscheider Kulturhaus deutlich. Dort trafen sich am Wochenende rund 200 Menschen aus ganz Deutschland zu einem so genannten Homeschooling-Kongress. Die Veranstaltungsteilnehmer einte dabei dasselbe Anliegen: Sie alle lehnen aus religiösen oder anderen Motiven das schulische Pflichtsystem des Staates ab. Ihre Alternative: Hausunterricht innerhalb der Familie.

 

Der Kongress bot dabei bis weit in den Abend eine Mischung aus juristischen Vorträgen, Erlebnisberichten, Videopräsentationen und Gesprächsrunden. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Verein "Schulunterricht zu Hause", kurz Schuzh genannt. Gegründet im Jahr 2000, ist er Anlaufstelle für Eltern, die aufgrund ihrer Schulverweigerung Schwierigkeiten mit den Behörden haben.

Zu den Hintergründen: In der jüngeren Vergangenheit haben sich baptistische Eltern aus dem Kreis Paderborn, aus Hessen, aber auch aus dem Raum Kierspe und Meinerzhagen geweigert, ihre Kinder in öffentliche Schulen zu geben - mit der Begründung, bibeltreues Lernen sei so nicht möglich. Die Behörden reagierten meist mit Androhung von Zwangsgeldern und polizeilicher Vorführung der Kinder.

Nun waren bei dem Kongress auch Baptisten und andere Christen bei dem Lüdenscheider Kongress vertreten. "Aber nicht ausschließlich", wie Ingrid Guenther sagt. Denn, so argumentiert die Schuzh-Geschäftsführerin aus dem hessischen Dreieich: "Neben christlichen sprechen auch viele andere Gründe gegen die Schulpflicht und für den häuslichen Unterricht. Manche Leute glauben, dass ihre Kinder an Grundschulen, aber auch an weiterführenden Schulen nicht richtig gefördert werden. Andere sehen durch die Schulpflicht die Persönlichkeitsentwicklung gehemmt."

Guenther schätzt, dass derzeit insgesamt rund 1000 Kinder in der Bundesrepublik daheim bei ihren Eltern unterrichtet werden - begleitet von Materialien der Deutschen Fernschule. Die Gefahr von Dogmatisierung und Sektierertum sieht Guenther dabei nicht: "Familien, die diesen Weg gehen, sind sehr offen. Die Entwicklung der Kinder verläuft hervorragend."

© [14.02.2005] Märkischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG

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