SchuzH-KurzInfo: Erzwingungshaft und Staatsideologie Gender-Mainstreaming


Am 19.11.2010 wurden wieder zwei Familienväter (von insgesamt 19 Kindern unter 14 Jahren) für 20 bzw. 21 Tage in Erzwingungshaft genommen. Ihre Kinder haben nicht an der staatlichen Sexualerziehung, zu der auch das Theaterprojekt „Mein Körper gehört mir!" zählt, und an Theaterveranstaltungen der Liborius-Grundschule in Salzkotten teilgenommen. Die Eltern lehnen aus christlichen Gewissensgründen die Teilnahme ihrer Kinder daran ab und berufen sich auf die grundrechtlich gewährleistete Gewissensfreiheit (Art. 4 GG: Die Freiheit des Gewissens ist unverletzlich) und auf ihr Elternrecht (Art. 6 II Satz 1 GG: Die Erziehung der Kinder ist zuvörderst Aufgabe der Eltern). Aufgrund dieser Rechte wurden bis 2005 Eltern entsprechende Befreiungen an der Liborius-Schule gewährt. Ohne Änderung der gesetzlichen Lage verweigert die Liborius-Schule seitdem Befreiungen aus Gewissensgründen – anders als andere Schulen in Raum Paderborn.

Da die Eltern nichts Widerrechtliches getan haben, weigern sie sich, für ihre Gewissensentscheidung Bußgelder zu zahlen. Sie werden in Erzwingungshaft genommen, um sie zur freiwilligen Bußgeldzahlung zu zwingen. Seit zwei Jahren werden Eltern aus Salzkotten in Erzwingungshaft genommen. Das Zwangsmittel hat bisher – selbst bei mehrmaliger Verhängung – in keinem Fall zum beabsichtigten Erfolg geführt. Die Erzwingungshaft konnte nicht bewirken, dass diese Eltern gegen ihr Gewissen handeln.

Die Resonanz auf Meldungen wie diese ist beachtlich. Die Unrechtmäßigkeit des Vorgehens des Staates (Schulverwaltung und Gerichte) wird gesehen, aber manch einer meint, dass es zu diesen Verfahren nur deshalb komme, weil die Eltern ihre Rechte schon in der Schule nicht richtig vertreten würden und die höheren Gerichte nicht angerufen hätten etc.

Dazu ein paar Anmerkungen als Antwort:

Ein fehlerhaftes Vorgehen der Salzkottener ist wohl weniger der Grund für die Verurteilung der Eltern und die Verhängung von Erzwingungshaft. Denn auch andere Eltern in NRW und in Deutschland, die aus Gewissensgründen ihre Kinder nicht an der staatlichen Sexualerziehung, an Theaterbesuchen oder am Unterricht generell teilnehmen ließen, sind trotz Anrufung der oberen Gerichte verurteilt worden. Selbst der Elternverein von Nordrhein-Westfalen (NRW), der sich für die Befreiung vom Sexualkundeunterricht aus Gewissensgründen einsetzt, blieb bisher erfolglos.

• Das Recht steht auf Seiten der Eltern

Das Bundesverfassungsgericht hat 1995 in seinem sogenannten Kreuzbeschluss den Konflikt zwischen dem elterlichen Erziehungsrecht und der Schulpflicht in Glaubens- und Gewissensfragen für alle Gerichte und Behörden bindend zugunsten des Elternrechts entschieden (BVerfGE 93,1/17):

Im Verein mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht garantiert, umfaßt Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, sie von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch und schädlich erscheinen."

Danach haben die Eltern das Grundrecht, ihre Kinder von Glaubens- und Weltanschauungserziehungen der Schule, die ihnen falsch und schädlich erscheinen, fernzuhalten. Die hier betroffenen Eltern haben sich auf diese Entscheidung berufen. Ihnen hätte Befreiung erteilt werden müssen. Sie haben ihren Gewissenskonflikt in der Schule, vor den Schulbehörden und vor den Gerichten bewiesen, so dass kein Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Gewissensentscheidung besteht. Denn die staatliche Sexualerziehung (z.B.) bringt Christen in einen ernsthaften Gewissenskonflikt mit der Schulpflicht, wenn sie wissen, was ihren Kindern in diesem Unterricht beigebracht wird.

Zur wesentlichen Grundlage der staatlichen Sexualerziehung gehören die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herausgegebenen Materialien. Diese staatliche Zentralstelle (sie untersteht dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) verbreitet „eine Auffassung von Sexualität, bei der alles erlaubt ist, was Lust verschafft, egal welchen Alters und welchen Geschlechts die Beteiligten sind. Die Kinder und Jugendlichen werden in eine entmoralisierte Frühsexualität hineingetrieben" (G. Kuby, „Verstaatlichung der Erziehung – Auf dem Weg zum neuen Gender-Menschen", 6. Auflage 2008, S. 63).

• Was hindert die Liboriusschule, die Schulbehörden und Gerichte, geltendes elterliches Verfassungsrecht anzuwenden und Befreiung zu erteilen?

Die Gender-Ideologie, auch Gender-Mainstreaming genannt scheint uns hier der maßgebende Hintergrund zu sein. Mit Gender wird die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägte Geschlechterrolle von Frauen und Männern bezeichnet, die – anders als das biologische Geschlecht – erlernt und damit auch veränderbar ist. Nicht mehr nur Gleichberechtigung, sondern Gleichstellung von Männern und Frauen wird angestrebt. Danach soll die Geschlechterdifferenzierung von Mann und Frau in ihrer gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Rolle und die Heterosexualität als Norm aufgehoben werden – und damit die Geschlechtsidentität von Mann und Frau. „Das Wesensmerkmal des neuen Gender-Menschen ist es, seine geschlechtliche Identität und sein sexuelles Verhalten losgelöst von jeder moralischen Norm frei zu bestimmen und auszuleben – von Kindesbeinen an" (G. Kuby, ebd. S. 46).

Um diese Umerziehung zum neuen Menschen zu erreichen, müssen die Kinder so früh wie möglich in die staatliche Gender-Erziehung und müssen von gegenteiligen Erziehungen ferngehalten werden. Die Krippe, der Kindergarten und die (Ganztags-)Schule sind die Bildungsstätten, in denen durch Sexualerziehung nach den Maßgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung der neue Mensch geschaffen werden soll. Die Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) „Körper, Liebe, Doktorspiele – Ratgeber für Eltern zur kindlichen Sexualerziehung vom 1. bis zum 3. und vom 4. bis zum 6. Lebensjahr", die 650 000 Mal kostenlos in Deutschland verbreitet wurde, macht die Umerziehungsmethodik deutlich. In dieser Broschüre werden Eltern und andere Erwachsene im Rahmen angeblich gesunder Sexualerziehung zur sexuellen Stimulation kleiner Kinder und damit zum strafbaren sexuellen Mißbrauch von Kindern (§ 176 StGB) angeleitet. Auf erheblichen Druck vom In- und Ausland nahm das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend diese Broschüre 2007 zurück. Die Broschüre traf zwar 2007 noch auf eine zu unvorbereitete Bürgerschaft, ihre Existenz zeigt aber die skrupellose Methodik der Gender-Ideologie und die zentrale Bedeutung der Sexualerziehung für ihre Etablierung in der Gesellschaft. Eine Ablehnung der staatlichen Sexualerziehung aus Gewissensgründen kann daher von Anhängern dieser Ideologie nur schwerlich geduldet werden.

Im Reichsschulpflichtgesetz von 1938 hieß es immerhin klar und deutlich in dessen § 1, dass die Kinder im Geiste des Nationalsozialismus zu erziehen seien. Ein entsprechend klares Bekenntnis unseres Staates zum Wechsel der Erziehungsgrundlage weg vom christlich-abendländischen Menschenbild hin zum neuen Gender-Menschen fehlt. Daher wissen viele Eltern und Bürger nichts von diesem Erziehungswandel, der in Krippen, Kindertagesstätten und der staatlichen Schule umgesetzt wird. Sie wissen nicht, dass die Verfassung von NRW für nichts geachtet wird. Dort heißt es in Art. 7 Abs.1: „Ehrfurcht vor Gott ... zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung." Sie wissen nicht, dass die Mahnung, die der Verfassung von Bayern in ihrer Präambel vorausgeht, in den Wind geschlagen ist. Dort heißt es:

Angesicht des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschlusse, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes zu sichern, gibt sich das Bayerische Volk, eingedenk seiner mehr als tausendjährigen Geschichte, nachstehende demokratische Verfassung.

Zur Durchsetzung des Genderismus (Gender-Ideologie) sind flankierende Gesetze erlassen. Hier sei nur das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG, 2006) und § 24 Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) genannt. § 24 KJHG tritt am 10.08.2013 in Kraft und legitimiert den Staat (Jugendamt), jedes Kind unter 1 Jahr einer Einrichtung oder Kindertagespflege zuzuführen, dessen Eltern es nicht für die Gender-Gemeinschaft erziehen. § 24 Abs. 1 KJHG (zu finden zur Zeit noch unter Art. 1, Ziff 7 im Kinderförderungsgesetz, KiföG) lautet:

Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder

2. die Erziehungsberechtigten

a) einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,

b) sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder

c) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des zweiten Buches erhalten.

 

 

Vor diesem ideologischen Hintergrund wird offenbar, warum Eltern, die ihre Kinder im Sinne der Verfassung von NRW in Ehrfurcht vor Gott erziehen, keine Befreiung aus Gewissensgründen erhalten entgegen geltendem Recht.

 

Schulunterricht zu Hause e.V.

A. Eckermann

Datum: 20.11.2010