Tenor

1. Auf die Beschwerde der Eltern wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - ... vom 28.09.2020, Az. 3 F 992/17, in Ziffern 2 und 3 aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Eltern wenden sich gegen familiengerichtliche Auflagen, welche ihnen bezüglich ihres Kindes K erteilt worden sind insbesondere mit dem Ziel der Wiederaufnahme des Schulbesuchs des Kindes.

1. Das betroffene Kind K, geb. am ... (11 Jahre alt), lebt im Haushalt seiner Eltern zusammen mit seinen Geschwistern A, geb. am ... (10 Jahre alt), und B, geb. am ... (9 Jahre alt). Die Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt. Während der Vater einer Erwerbstätigkeit als ... nachgeht, betreut die Mutter die Kinder und unterrichtet diese zuhause. Die Mutter ist staatlich geprüfte Übersetzerin, verfügt über einen Hochschulabschluss in Biologie und absolviert ein Fernstudium der Bildungswissenschaft.

K leidet unter Gehörlosigkeit und verfügt inzwischen über ein Cochlea-Implantat. Er wurde im Jahr 2015/2016 von der Einschulung zurückgestellt. Im September 2016 hatte der Vater der Schule eine Abmeldebestätigung für seinen Sohn nach Frankreich vorgelegt. Ab 10.01.2017 besuchte K die erste Klasse der Grundschule ... Der Schulbesuch des Kindes wurde in der Folgezeit nach wenigen Wochen eingestellt.

Auch die Geschwister des betroffenen Kindes besuchen die staatliche Schule nicht mehr. Der Schulbesuch des Kindes A endete im Januar 2020, der des Kindes B bereits vor diesem Zeitpunkt.

2. Im März 2017 informierte die Rektorin der Grundschule ... das Landratsamt - Jugendamt - ... über die Einstellung des Schulbesuchs des Kindes K. Da durch Gespräche mit den Eltern seitens der Schulbehörde und des Jugendamts der Schulbesuch des Kindes nicht erreicht werden konnte, wandte sich das Jugendamt mit Schreiben vom 01.07.2017 zur Erörterung einer möglichen Kindeswohlgefährdung bei K an das Amtsgericht - Familiengericht - ..., welches das Verfahren der einstweiligen Anordnung 3 F 896/17 einleitete und einen Erörterungstermin bestimmte. Im Termin vom 27.07.2017 erklärte die Mutter, K habe Widerstände gegen die Schule entwickelt. Die Eltern hätten erkannt, dass dem Kind der Schulbesuch nicht gut täte und wollten das Kind daher zuhause einer Fernbeschulung mit Materialien des Instituts Clonlara unterziehen. Nachdem übereinstimmend Eilmaßnahmen nicht für erforderlich erachtet wurden, sondern die Einholung eines Sachverständigengutachtens, leitete das Amtsgericht das vorliegende Hauptsacheverfahren 3 F 992/17 von Amts wegen ein und beendete das Verfahren der einstweiligen Anordnung. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung 3 F 896/17 ist beigezogen worden.

Im Hauptsacheverfahren wurde mit Beschlüssen vom 28.08.2017 dem Kind K Frau ... als Verfahrensbeiständin bestellt und Frau Diplom-Psychologin ... mit der Erstellung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens zur Frage einer Kindeswohlgefährdung des Kindes K bei einem Verbleib im Haushalt der Eltern beauftragt. Unter dem 21.12.2017 legte die Sachverständige ihr schriftliches Gutachten vor. Sie kam zu dem Ergebnis (GA S. 68 ff), dass bei den Eltern mit Ausnahme der Einhaltung der Schulpflicht für K keine gravierenden, das Wohl des Kindes gefährdenden Einschränkungen in der Erziehungsfähigkeit gegeben seien. Vielmehr würde eine Herausnahme des Kindes aus dem elterlichen Haushalt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer psychischen Schädigung des Kindes und damit zu einer Kindeswohlgefährdung führen durch den Verlust seiner Bindungsfiguren, seiner Geschwisterbeziehungen und seines sozialen Umfelds. Aufgrund der vorhandenen Erziehungskompetenz der Eltern und des kognitiven Potentials des Kindes sei davon auszugehen, dass K´s Schulverweigerung mittelfristig verändert werden könne. In Kooperation mit dem Mobilen Sonderpädagogische Dienst (MSD) für Kinder mit Förderbedarf im Hören, der zuständigen staatlichen Schulpsychologin, der Beratungsstelle und den Eltern solle K schrittweise in den Schulalltag integriert und bis dahin der Heimunterricht durch die Mutter mit regelmäßigen Lernstandserhebungen in der Schule fortgesetzt werden. Zum Entwicklungsstand des Kindes ist dem Gutachten zusammenfassend zu entnehmen (GA S. 53), dass klinisch relevante Auffälligkeiten nach den Beobachtungen der Eltern und den Verhaltensbeobachtungen und Explorationen der Sachverständigen bei K nicht vorlägen. Es ließen sich weder Einschränkungen in der Aufmerksamkeit, Konzentration oder im sozio-emotionalen Bereich erkennen. Im durchgeführten BUEGA-Test (Basisdiagnostik umschriebener Entwickungsstörungen im Grundschulalter nach Esser, Wyschkorn und Ballaschk, 2008) habe K eine Stärke in der Aufmerksamkeit im Vergleich mit anderen Kindern der zweiten Klasse gezeigt. Auch im Bereich der schulleistungsbezogenen Fertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen hätten sich keine Auffälligkeiten bezüglich eines besonderen Förderbedarfs oder eines Rückstandes gezeigt. Leichte Schwächen in Lesegenauigkeit und Rechnen müssten unter dem Gesichtspunkt der Hörbeeinträchtigung gesehen werden. K sei ein offenes und freundliches Kind, sei gut in sein soziales Umfeld integriert, pflege Freundschaften und sei in mehreren Vereinen eingebunden. Ergänzend wird auf das schriftliche Gutachten vom 21.12.2017 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12.03.2019 berichtete das Jugendamt von vergeblichen Bemühungen im Jahr 2018, auf der Basis des Gutachtens eine Wiedereingliederung des Kindes in der Schule zu erreichen. So habe am 12.06.2018 ein gemeinsames Gespräch mit den Eltern unter Leitung des Direktors des Schulamts stattgefunden. Die Eltern hingegen strebten eine Befreiung des Kindes vom Unterricht und eine Fortsetzung der Heimbeschulung an.

In einem gerichtlichen Erörterungstermin vom 06.05.2019 konnte die Sachverständige ... aufgrund des Zeitablaufs keine aktuelle Einschätzung abgeben. Sie regte an, eine Nachbegutachtung in Betracht zu ziehen, etwa durch die Kinder- und Jugendpsychiatrie, da dort Erfahrung mit Schulverweigerung vorhanden sei. Nach einem Richterwechsel wurde mit Beschluss vom 01.08.2019 Herr Dr. med. ..., Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, mit der Nachbegutachtung zur Frage einer Kindeswohlgefährdung und zu einer Veränderung der Situation seit dem ersten Gutachten vom 21.12.2017 beauftragt.

Im schriftlichen Gutachten vom 11.02.2020 stellte der Sachverständige Dr. ... fest, dass die psychopathologische Untersuchung des Kindes (GA S. 20/21) einen altersentsprechenden, unauffälligen Befund ergeben habe. In der Interaktion mit den Eltern sei eine von gegenseitiger emotionaler Nähe geprägte angemessene Bindung erkennbar geworden (GA S. 22). Testpsychologische Untersuchungen, im Gutachten ab S. 23 dargestellt, seien entgegen der Empfehlung im Beisein der Mutter durchgeführt worden. Im Testverfahren Wechsler Intelligence Scale for Children -V habe sich eine allgemeine intellektuelle Befähigung des Kindes im durchschnittlichen Bereich ergeben mit überdurchschnittlichen Ergebnissen in den Bereichen visuell-räumliche Verarbeitung und Arbeitsgedächtnis (GA S. 27). In der Lese- und Rechtschreibprüfung (Salzburger Lese- und Rechtschreibtest II) habe das Kind stark unterdurchschnittliche Werte im Bereich Rechtschreibung erzielt, so dass von einer klinisch relevanten isolierten Rechtschreibstörung auszugehen sei (GA S. 28). Bezüglich des Kindes führte der Sachverständige weiter aus (GA S. 30 f), dass Schulabsentismus eine starke Entwicklungsgefährdung darstelle mit hohem Chronifizierungsrisiko. Mit der bislang unbehandelten und damit chronifizierten isolierten Rechtschreibstörung bestehe bei K ein zusätzliches Risiko für psychische Störungen, nämlich Störungen aus den Bereichen Angststörungen oder oppositionelle und dissoziale Störungen. Die Risikoerhörung liege zwischen 70 und 90%, ohne Schulabsentismus betrage das Risiko 10 bis 20%. Daher sei die dringende Notwendigkeit zur Wiedereingliederung des Kindes in das Schulsystem gegeben, wobei eine dauerhafte Herausnahme des Kindes aus der Familie wenn irgend möglich zu vermeiden sei (GA S. 31). Ab S. 41 ff stellt der Sachverständige einen Stufenplan zur Reintegration des Kindes in der Schule und zur Behandlung der isolierten Rechtschreibstörung vor, was Voraussetzung für einen weiteren Aufenthalt des Kindes bei den Eltern sei. Ergänzend wird auf das schriftliche Gutachten Bezug genommen.

Während das Jugendamt mit Schreiben vom 03.04.2020 an die Eltern appellierte, die vom Sachverständigen empfohlene Reintegration des Kindes in die Schule und die Behandlung der Rechtschreibstörung in die Wege zu leiten, um Eingriffe in das Sorgerecht und mögliche Zwangsmaßnahmen zu vermeiden, äußerten sich die Eltern mit undatierten Stellungnahmen, eingereicht von ihrem Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 03.06.2020. Sie wandten sich gegen die Einschätzung des Jugendamts hinsichtlich einer Kindeswohlgefährdung und schrieben dem Gutachten des Sachverständigen Dr. ... inhaltliche und fachlich-methodische Mängel zu. Insbesondere stellten sie die Diagnose einer Rechtsschreibstörung aufgrund des stattgefundenen Tests in Diktatform bei einem hörbeeinträchtigten Kind in Frage. Die aufzuschreibenden Worte seien von der Testperson leise und mit gesenktem Kopf gesprochen worden. K habe nach dem Test mitgeteilt, er habe die Worte zum Teil nicht verstanden. Rechtschreibstörungen würden zudem auch bei regelbeschulten Kindern vorkommen. Mit Schriftsatz vom 26.06.2020 ließen die Eltern einen Online-Rechtschreibtest des Kindes K vom 23.06.2020 vorlegen, welcher die Leistung des Kindes in die Kompetenzstufe 9 von 12 und im Vergleich zur Referenzgruppe der Schüler Ende Klasse 4 / Anfang Klasse 5 als Rechtschreibleistung im unteren Durchschnittsbereich einordnete.

Im Anhörungstermin vom 10.08.2020 äußerten sich die Eltern, das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin. Der Verfahrensbevollmächtigte der Eltern gab an, er halte das Gutachten des Sachverständigen Dr. ... für nicht verwertbar. Eine Kindeswohlgefährdung sei dadurch nicht nachgewiesen. Die Verfahrensbeiständin äußerte sich kritisch hinsichtlich der Dauer der Unterrichtszeit in der Heimbeschulung von lediglich zwei bis drei Stunden täglich. Die Mutter erläuterte den Heimunterricht dahingehend, dass am Vormittag Theorieunterricht mit den drei Kindern stattfinde und am Nachmittag Ausflüge oder Praxisunterricht. In diesen zwei bis drei Stunden könne sehr viel komprimierter und effizienter gelernt werden als im Schulunterricht, in dem es viel Leerlauf gebe. Lernstandskontrollen würden nicht stattfinden. Sie habe aber eine direkte Rückmeldung von den Kindern, da sie nur zu dritt seien. Der Sachverständige wandte ein, dass hinsichtlich der Rechtschreibstörung zu Hause kein Vergleich möglich sei. Der von den Eltern vorgelegte Online-Test werde in den Leitlinien nicht empfohlen. Aus Schulabsentismus müsse keine Krankheit entstehen, aber die Wahrscheinlichkeit für eine psychische Störung sei nach deutschen Studien dreimal höher als sonst. Eine kinderpsychologische Störung sei bei K nicht diagnostiziert worden. Vielmehr müsse bei Schulabsentismus präventiv gehandelt werden.

Am 01.09.2020 wurde das betroffene Kind K richterlich im Beisein der Verfahrensbeiständin angehört. Er äußerte sich zu seinem Tagesablauf zu Hause, zu seinen Freizeitbeschäftigungen und seinen Freunden. Er wolle weiter zu Hause lernen und später vielleicht Polizist werden. In der Schule habe es ihm nicht gefallen. Wegen der vielen Kinder sei es teilweise recht laut gewesen und er habe ja seine "Höris". Seine Mama habe ihm immer gesagt, sie zwinge ihn nicht, in die Schule zu gehen, er könne auch zu Hause lernen. Später in die Berufsschule wolle er schon gehen, da sei er älter und werde besser klar kommen. Er wünsche sich, Ruhe zu haben und ohne Termine daheim lernen zu können. Seine Eltern werden nicht sagen, dass er wieder in die Schule solle. Wenn sie es doch sagen würden, würde er gehen. Denn sie würden ja Entscheidungen für ihn treffen.

Die übrigen Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kindesanhörung, äußerten sich aber nicht.

Mit Beschluss vom 28.09.2020 schloss das Amtsgericht das Hauptsacheverfahren ab. In Ziffer 1 des Beschlusses stellte es klar, dass den Eltern das Sorgerecht für das Kind K nicht entzogen werde. In Ziffer 2 machte es den Eltern folgende Auflagen:

2.1 Teilnahme der Eltern an einer Helferkonferenz unter Teilnahme des Jugendamts, der Schule und des Kindes K, im Rahmen derer die schrittweise Integration des Kindes K in die Schule erörtert wird. Die erörterten Maßnahmen seien umzusetzen.

2.2 Beantragung einer speziellen Therapie der isolierten Rechtschreibstörung des Kindes K durch die Eltern, wobei die Einzelheiten in der Helferkonferenz erörtert werden.

2.3 Installation einer sozialpädagogischen Familienhilfe, sofern vom Helfersystem befürwortet, was in der Helferkonferenz zu erörtern sei.

Mit Ziffer 3 des Beschlusses wurde dem Jugendamt aufgegeben, binnen sechs Wochen über den weiteren Verlauf zu berichten. In Ziffer 4 wurde von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen. Außergerichtliche Kosten würden nicht erstattet.

Die angeordneten Auflagen stützte das Amtsgericht auf §§ 1666 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 1666a BGB, da die Nichteinhaltung der Schulpflicht eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl des Kindes darstelle. Dies folge bereits aus der gesetzgeberischen Wertung des § 1666 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Zum anderen ergebe sich die Gefahrensituation aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. ... Die Fortdauer des Schulabsentismus stelle eine Entwicklungsgefährdung für das Kind dar. Die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein und die Entwicklung psychischer Störungen sei aus kinderpsychiatrischer Sicht durch Schulabsentismus deutlich erhöht. Aufgrund der bei K bestehenden Rechtschreibstörung bestehe ein zusätzliches Risiko für psychische Störungen. Das Gutachten sei nach Überzeugung des Gerichts schlüssig und nachvollziehbar. Im Hinblick auf die Hörbehinderung des Kindes bestehe ein besonderer Förderanspruch durch den Staat. Die anfängliche Beschulung K´s im Jahr 2017 sei daran gemessen suboptimal gewesen. Hier müsse, etwa durch Installation einer Integrationskraft, nachgebessert werden. Die Verweigerungshaltung hinsichtlich des Schulbesuchs gehe auch nicht allein vom Kind aus, sondern in erster Linie von den Eltern, die dem gegenüber Kind bereits im Kindergartenalter geäußert hätten, dass es nicht zur Schule müsse, wenn es nicht wolle. Aus der Kindesanhörung habe sich ergeben, dass K in die Schule gehen werde, wenn seine Eltern dies so für ihn entscheiden. Aus dem Umstand, dass K zu Hause beschult werde und soziale Kontakte zu anderen Kindern unterhalte, ergebe sich keine andere Einschätzung. Durch die Vorenthaltung der Schulsituation würden dem Kind Entwicklungsmöglichkeiten und Lernchancen genommen. Problematisch sei auch die Kürze der täglichen Unterrichtszeit im Heimunterrricht, der für alle drei Kinder gleichzeitig stattfinde. Zudem sei fraglich, ob die Mutter mit zunehmendem Alter der Kinder und steigender Komplexität des Unterrichtsstoffs den gesamten Lernplan werde abdecken können. Den Empfehlungen des Sachverständigen Dr. ... folgend seien den Eltern die angeordneten Auflagen zur Wiedereingliederung des Kindes in die Schule zu machen. Bei Nichterfüllung der Auflagen würden weitere Maßnahmen geprüft. Ergänzend wird auf den Beschluss vom 28.09.2020 Bezug genommen.

3. Gegen den am 01.10.2020 zugestellten Beschluss legten die Eltern mit Schriftsatz vom 28.10.2020, eingegangen beim Amtsgericht am 29.10.2020, Beschwerde ein. Mit Schriftsatz vom 30.10.2020, beim Amtsgericht eingegangen am 02.11.2020 und an das Oberlandesgericht Bamberg weitergeleitet und dort eingegangen am 12.11.2020, haben die Eltern ihre Beschwerde begründet.

Sie stellen folgende Anträge:

den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts ... - Familiengericht - 3 F 992/17 vom 28.09.2020 in dessen Ziffern 2, 2.1, 2.2, 2.3, 3 und 4 Satz 2 aufzuheben,

den Beschluss in Ziffer 2 wie folgt neu zu fassen: "Von familiengerichtlichen Maßnahmen wird abgesehen und das Verfahren eingestellt."

den Beschluss in der dann neuen Ziffer 3 wie folgt neu zu fassen: "Von einer Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse."

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer trägt die Staatskasse.

Für den Fall der Abweisung der Beschwerde wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

Der angegriffene Beschluss sei rechtswidrig und verletze die Beschwerdeführer in eigenen Verfahrens- und Grundrechten. Der Beschluss verletzte auch das betroffene Kind in Verfahrens- und Grundrechten, welche im Rahmen der Beschwerde ebenfalls geltend gemacht werden. Die formelle Rechtswidrigkeit ergebe sich aus der fehlenden Vollstreckungsfähigkeit der Maßnahmen nach Ziffer 2 des angefochtenen Beschlusses. Die Helferkonferenz sei nicht konkretisierbar, jedoch werde ihr vom Gericht ohne Ermächtigungsgrundlage erhebliche Entscheidungsbefugnisse übertragen. Der angegriffene Beschluss werde auch dem Begründungserfordernis aus § 38 Abs. 3 FamFG nicht gerecht. Es werde kein zugrundeliegender Sachverhalt dargestellt, es erfolge keine Auseinandersetzung mit der Verwertbarkeit des Gutachtens des Sachverständigen Dr. ... auf der Grundlage der Stellungnahme der Eltern, übermittelt mit Schriftsatz vom 03.06.2020. Die Begründungspflicht setze weiter voraus, dass eine Ermächtigungsgrundlage genannt und eine Subsumption unter die Tatbestandsvoraussetzungen erfolge. Dies habe das Gericht unterlassen. § 1666 Abs. 3 Nr. 2 BGB stelle kein Regelbeispiel für eine Kindeswohlgefährdung dar, sondern eine zulässige Maßnahme im Falle einer Kindeswohlgefährdung. Der Sachverständigen Dr. ... habe klargestellt, dass bei K keine kinderpsychologische Störung diagnostiziert sei. Die angeblich diagnostizierte Rechtschreibstörung bestehe hingegen nicht. Da es an einer ordnungsgemäßen Feststellung einer Kindeswohlgefährdung fehle, sei der Beschluss auch materiell rechtswidrig. Für die Durchsetzung der Schulpflicht sei das Familiengericht nicht zuständig. Der Beschluss verletzte die Beschwerdeführer und das betroffene Kind in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG. Das Verfahren sei einzustellen.

Das Jugendamt äußerte sich im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 03.12.2020. Es sei zutreffend, dass die besagte Helferkonferenz über die Gewährung von Jugendhilfemaßnahmen nicht entscheiden können. Diese seien von den sorgeberechtigten Eltern beim Jugendamt zu beantragen.

Das Beschwerdegericht hat Termin zur Anhörung des Kindes, der übrigen Beteiligten und des Sachverständigen Dr. ... auf den 28.06.2021 bestimmt. Im Vorfeld hatte der Sachverständige im Rahmen eines Telefonats mit der Berichterstatterin am 23.06.2021 erklärt, dass eine Lernstandserhebung nicht Gegenstand seiner Begutachtung gewesen sei, da dies keine medizinische Fragestellung sei. Dies wurde den Beteiligten im Termin mitgeteilt. Weiter ließ der Sachverständige erkennen, dass es sich bei der Einschätzung in seinem schriftlichen Gutachten bezüglich eines deutlich erhöhten Risikos zur Entwicklung psychischer Störungen bei Schulabsentismus um wissenschaftliche Erfahrungswerte handele.

Am 28.06.2021 wurde das betroffene Kind K im Beisein der Verfahrensbeiständin und des Sachverständigen Dr. ... vom Senat angehört. K berichtete von seinem Tagesablauf zu Hause mit Lernen von ca. 9 Uhr bis 13 Uhr oder auch etwas kürzer. Er erzählte von seinen Freunden, seiner Freizeitgestaltung und dass er schon seit Jahren die Kinder- bzw. Jugendfeuerwehr besuche und für die erste Prüfung bei der Jugendfeuerwehr lerne. Die Prüfungen bei der Kinderfeuerwehr habe er alle mitgemacht und bestanden. Nach dem Treffen der Jugendfeuerwehr nehme er noch an einem Jugendtreff der Gemeinde teil. Mit seinem Bruder sei er außerdem in einem (Sport-)Verein. Zum Heimunterricht erklärte K, dass sie die Basics, also Deutsch, Mathe und Englisch, lernen würden und ein bisschen Bio, aber projektbezogen in der Freizeit. Er habe bunt gestaltete Arbeitsmaterialien aus dem Internet und Lernhefte. Er arbeite jetzt mit den Lernheften für die 5. und 6. Klasse. Auf die Frage nach einem Test in der Schule, damit er sehe wie er im Vergleich zu seinen Freunden stehe, wich K zunächst aus. Er habe erst am Freitag einen Online-Rechtschreibtest gemacht und überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Seine Mama könne sehr gut beurteilen, wie er stehe. Eine Lernstandskontrolle würde er jederzeit zu Hause machen, zur Not auch in der Schule, wenn es gar nicht anders gehe. Hinsichtlich seiner Zukunft äußerte er die Vorstellung, dass er den Realschulabschluss machen und anschließend vielleicht Programmierer werden wolle wie sein Papa. Auf Nachfrage konnte K nicht angeben, welchen Zweig der Realschule er wähle. Er wolle sich daheim auf den Schulabschluss vorbereiten und notfalls kurz davor auch die Schule besuchen. Zur Vorbereitung auf das Gespräch hatte der Junge eine Liste gefertigt, wieso er nicht in die Schule wolle und wieso er lieber zu Hause lernen wolle. Diese stellte er im Anhörungstermin vor und übergab sie zur Akte, ebenso einen Brief an den früher zuständigen Richter. Abschließend äußerte sich K dahingehend, dass er sich wünsche, weiterhin zu Hause lernen zu können ohne Termine wie heute, dass alles so bleibe, wie es sei und dass er nicht irgendwann mit Gewalt in die Schule gezerrt werde.

Im anschließenden Termin mit den übrigen Beteiligten kam eine Zwischenvereinbarung zustande, dass beim betroffenen Kind eine Lernstandserhebung mindestens in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch durchzuführen sei an der vom Sachverständigen Dr. ... vorgeschlagenen ... Schule in ... Die Zwischenvereinbarung konnte nachfolgend jedoch nicht umgesetzt werden. Die der ... Schule übergeordnete Behörde bei der Regierung von ... vertrat die Auffassung, dass eine Lernstandserhebung ausschließlich von der für das Kind zuständigen Sprengelschule vorzunehmen sei. Anlässlich eines Telefonats mit der Staatlichen Schulberatung in Bayern, Dienststelle ..., wurde zudem der Erkenntnisgewinn einer Lernstandserhebung in Zweifel gezogen. Bei einer solchen handele es sich nicht um ein standardisiertes Verfahren, sondern um einen Wissenstest bezogen auf den Unterrichtsstoff einer konkreten Schulklasse. Dies wurde den Beteiligten mit Verfügung des Senats vom 28.07.2021 mitgeteilt verbunden mit dem Hinweis, dass auf Grundlage des bisherigen Erkenntnisstandes, insbesondere des Eindrucks des Senats aus der Anhörung des betroffenen Kindes, das Beschwerdeverfahren durch Aufhebung des angegriffenen Beschlusses in Ziffer 2 und 3 und Einstellung des Verfahrens beendet werden soll. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Einzig die Beschwerdeführer äußerten sich mit Schriftsatz vom 10.08.2021 unter Wiederholung ihrer Beschwerdeanträge.

Das für das Kind K und seine Eltern zuständige staatliche Schulamt hat in Kenntnis des langjährigen Home-Schoolings bisher keine Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Schulpflicht eingeleitet.

Ergänzend wird auf das schriftliche Vorbringen der Beteiligten, den Telefonvermerk mit dem Sachverständigen vom 23.06.2021 und die Anhörungsvermerke vom 28.06.2021 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Eltern ist zulässig, auch soweit diese eine Rechtsverletzung des durch sie vertretenen betroffenen Kindes K geltend machen, §§ 58 ff, 59 Abs. 1 FamFG. Die Beschwerde hat in der Hauptsache Erfolg, da es mangels konkreter Kindeswohlgefährdung an einer Rechtsgrundlage für die in Ziffer 2 und 3 des angefochtenen Beschlusses erteilten Auflagen fehlt. Der Beschluss vom 28.09.2020 ist daher in Ziffer 2 und 3 aufzuheben und das Verfahren einzustellen (vgl. Hammer in Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 166 Rn 19). Unbegründet ist die Beschwerde hingegen, soweit sie die erstinstanzliche Kostenentscheidung angreift.

1. Das Amtsgericht hat die den Eltern in Ziffer 2 der angefochtenen Entscheidung erteilten Auflagen auf §§ 1666 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 1666a BGB gestützt. Das Beschwerdegericht vermag die Auffassung des Amtsgerichts jedoch nicht zu teilen, dass durch den unterbliebenen Schulbesuch des Kindes K die Voraussetzungen für familiengerichtliche Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB erfüllt sind.

Eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB liegt dann vor, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt. An den Grad der Wahrscheinlichkeit dieser Gefährdung sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und gewichtiger der drohende Schaden ist. Für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit sind konkrete Verdachtsmomente erforderlich. Eine abstrakte Gefährdung reicht nicht aus. Weiter muss die Gefährdung nachhaltig und schwerwiegend sein (vgl. insgesamt Lugani in MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, § 1666 Rn 50, 52).

Zwar kann es einen Missbrauch der elterlichen Sorge darstellen, der das Wohl des Kindes nachhaltig gefährdet und Maßnahmen des Familiengerichts nach §§ 1666, 1666a BGB erfordert, wenn Eltern sich beharrlich weigern, ihre Kinder einer öffentlichen Schule oder anerkannten Ersatzschule zuzuführen, um sie stattdessen zu Hause zu unterrichten (vgl. BGH, 17.10.2007, XII ZB 42/07, FamRZ 2008, 45, Juris Leitsatz). Im Falle eine Schulverweigerung kann jedoch nicht automatisch eine Kindeswohlgefährdung angenommen werden, sondern alle wesentlichen Aspekte des konkreten Einzelfalls sind zu ermitteln und hinsichtlich einer konkreten Kindeswohlgefährdung zu bewerten (vgl. OLG Celle, 27.07.2020, 21 UF 190/19, FamRZ 2021, 427, Juris Rn 23).

Nach diesen Maßstäben kann vorliegend eine gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende, erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes K gerade nicht festgestellt werden:

a) Die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten vom 21.12.2017 und 11.02.2020 haben bezüglich des betroffenen Kindes keine psychopathologischen Auffälligkeiten ergeben mit Ausnahme der vom Sachverständigen Dr. ... diagnostizierten klinisch relevanten isolierten Rechtschreibstörung (dazu unter b). Beide Sachverständige haben K als in jeder Hinsicht altersentsprechend entwickelten Jungen mit sicherer Bindung an die Eltern und guter Geschwisterbeziehung beschrieben.

Die vom Sachverständigen Dr. ... mitgeteilte Einschätzung, dass Schulabsentismus eine starke Entwicklungsgefährdung darstelle und dieser in Verbindung mit der von ihm festgestellten isolierten Rechtschreibstörung das Risiko für die Entwicklung psychischer Störungen aus den Bereichen Angststörungen oder oppositionelle und dissoziale Störungen um 70 bis 90% erhöhe, basiert allein auf wissenschaftlichen Erfahrungswerten, wie der Sachverständige im Telefonat vom 23.06.2021 mit der Berichterstatterin des Beschwerdegerichts klargestellt hat. Dies ergibt sich auch bereits aus der Anhörung des Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren. Dem Protokoll vom 10.08.2020 ist auf S. 5 zu entnehmen, dass beim Kind K keine kinderpsychologische Störung diagnostiziert worden sei, sondern nach Auffassung des Sachverständigen präventiv gehandelt werden müsse. Solche allgemeinen Erwägungen reichen zur Begründung einer konkreten und erheblichen Gefährdung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB jedoch nicht aus.

b) Zwar konnte beim Kind K zur Ermittlung der vorhandenen schulischen Fertigkeiten keine aktuelle Lernstandserhebung durchgeführt werden, wie mit der Zwischenvereinbarung vom 28.06.2021 beabsichtigt. Denn dies hätte nur durch eine bislang nicht mit dem Kind befasste schulische Stelle geschehen können, um ein neutrales und damit dem gerichtlichen Verfahren angemessenes Vorgehen zu gewährleisten. Nachdem sich jedoch durch das Telefonat vom 27.07.2021 mit der Staatlichen Schulberatungsstelle ... ergeben hat, dass die von den Schulen angewandten Lernstandserhebungen auf dem jeweils in einer Klasse unterrichteten Stoff basieren, nicht auf einem standardisierten Verfahren, kann von einem solchen Test gerade nicht die Erkenntnis erwartet werden, ob sich das betroffene Kind in den Kernfächern im Mittel des Kenntnisstandes der regelbeschulten Kinder seiner Altersgruppe befindet oder dahinter zurückbleibt.

Zudem waren die schulischen Fertigkeiten des Kindes bereits Bestandteil der Begutachtung durch die psychologische Sachverständige ... im Gutachten vom 21.12.2017 und ergaben zum damaligen Zeitpunkt keinen auffälligen Befund. Leichte Schwächen in Lesegenauigkeit und Rechnen müssten der Sachverständigen zufolge unter dem Gesichtspunkt der Hörbeeinträchtigung gesehen werden. Defizite in der Rechtschreibung stellte die Sachverständige ... im Gegensatz zum Sachverständigen Dr. ... nicht fest. Ob sich die Fertigkeiten des Kindes im Bereich Rechtschreibung von der ersten bis zur zweiten Begutachtung damit derart verschlechtert haben, wie der Befund des Sachverständigen Dr. ... nahe legt, oder ob der Befund einer isolierten Rechtschreibschwäche in Anbetracht der Vorgehensweise mittels Diktat bei einem hörbeeinträchtigten Kind, wie von den Eltern eingewandt, überhaupt belastbar ist, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn eine isolierte Rechtschreibstörung kann auch bei einem regelbeschulten Kind auftreten und vermag nach den oben aufgezeigten Anforderungen kein familiengerichtliches Einschreiten nach §§ 1666, 1666a BGB zu begründen.

c) Letztlich beruht die gerichtliche Überzeugung, dass beim betroffenen Kind K keine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliegt, die zu Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB berechtigen würde, auf dem Eindruck, den das Beschwerdegericht anlässlich der Anhörung des Kindes vom 28.06.2021 gewinnen konnte. Der damals 12-jährige Junge konnte das etwa einstündige Gespräch in einem Kreis von fünf Erwachsenen einschließlich der Verfahrensbeiständin und des Sachverständigen Dr. ... gut meistern. Er antwortete flüssig und stets sinnvoll und berichtete von seinem Tagesablauf, seinen sozialen Bezügen und seinen Vorstellungen und Zielen für sein weiteres Leben. Wie auch schon in der ersten Begutachtung durch die Sachverständige ... konnte damit auch der Senat den Eindruck gewinnen, dass es sich bei K nicht um ein sozial isoliertes Kind handelt, sondern dass der Junge über einen Freundeskreis verfügt und sich außerhalb der Familie in einem Sportverein und der Jugendfeuerwehr betätigt.

Damit zeigte das betroffene Kind auch im persönlichen Kontakt keinerlei auffälliges Verhalten. Zudem erhält es von den Eltern Gelegenheit, sich durch den Umgang mit Freunden und die Teilnahme an einem Gemeinschaftsleben außerhalb der Familie in externe Strukturen einzufinden und zumindest im Bereich Kinder- und Jugendfeuerwehr sich auch Prüfungssituationen zu unterziehen. Neben der Wissensvermittlung durch den Heimunterricht zumindest in den Grundlagenfächern ist damit auch die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes im Hinblick auf eine spätere selbstbestimmte Lebensführung als Mitglied der Gesellschaft in einem Umfang gewährleistet, der ein Einschreiten nach §§ 1666, 1666a BGB nicht zulässt. Die vom Kind geäußerte Vorstellung, als externer Kandidat die mittlere Reife abzulegen als Grundlage für eine spätere Berufsausbildung, erscheint damit nicht unrealistisch, zumal das Kind über die hierfür erforderliche intellektuelle Ausstattung nach den vorliegenden Gutachten verfügt und die Schulordnungen für Realschulen und Mittelschulen in Bayern Abschlüsse für externe Bewerber ermöglichen, vgl. § 33 MSO und § 46 RSO.

Durch den positiven Eindruck, den das betroffene Kind in der gerichtlichen Anhörung hinterlassen hat und seine außerfamiliäre soziale Einbindung unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt grundlegend von dem, welcher der bereits zitierten Entscheidung des OLG Celle vom 27.07.2020 zugrunde gelegen und dort Anlass zu einem Einschreiten nach §§ 1666, 1666a BGB gegeben hat. Dort hatte es sich um im Gespräch hoch auffällige und sozial isolierte zu Hause beschulte Kinder gehandelt. Vielmehr ist der vorliegende Sachverhalt vergleichbar mit dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.07.2018, 2 UF 18/17, FamRZ 2019, 35, das angesichts eines in jeder Hinsicht altersgemäß entwickelten und sozial eingebundenen Kindes, welches zu Hause beschult wurde und in den Basisfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen nach der dortigen Begutachtung etwa um ein Schuljahr zurücklag, keine konkrete Gefährdung des Wohls des Kindes im Sinne des §§ 1666, 1666a BGB angenommen hat.

Die genannte Rechtsgrundlage ermöglicht lediglich ein staatliches Einschreiten zur Abwehr einer konkreten Kindeswohlgefährdung, nicht die Durchsetzung einer bestmöglichen Förderung des jeweils betroffenen Kindes (vgl. OLG Hamm, 11.10.2019, II-3 UF 116/19, Juris Rn 7). Eine solche bestmögliche Förderung des Kindes wird mit der durchgeführten Heimbeschulung angesichts der reduzierten Fächerauswahl hinsichtlich der Kernfächer Deutsch, Mathematik und Englisch, der kurzen Unterrichtszeit, beschränkt auf die Vormittagsstunden, und der parallelen Unterrichtung der drei Geschwister unterschiedlicher Altersgruppen nicht erreicht werden können. Vielmehr kann nach Auffassung des Senats eine solche bestmögliche Förderung des Kindes nur durch eine staatliche Schule oder anerkannte Ersatzschule, ggf. mit individueller Förderung des Kindes, wie durch die Gutachten aufgezeigt, gewährleistet werden. Ebenso ist fraglich, ob in den Augen eines künftigen Ausbildungsbetriebs der für das Kind angestrebte Externenabschluss den gleichen Stellenwert wie ein regulärer Schulabschluss haben wird. Dies fällt jedoch in den Verantwortungsbereich der Eltern, da die Grenze zur Kindeswohlgefährdung nach den vorstehenden Ausführungen nicht überschritten ist.

Die vom Familiengericht angeordneten Auflagen in Ziffer 2 des Beschlusses vom 28.9.2020 können daher mangels Rechtsgrundlage keinen Bestand haben. Dass die Auflagen zudem unbestimmt und damit nicht vollstreckungsfähig sind, da sie die Entscheidungskompetenz auf eine Helferkonferenz übertragen, hat damit keine eigenständige Bedeutung.

Die auf Ziffer 2 aufbauende Ziffer 3, das Jugendamt solle binnen sechs Wochen über den weiteren Verlauf berichten, kommt damit ebenso in Wegfall.

Für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen ist nicht Aufgabe des Familiengerichts. Vielmehr stehen der Schulbehörde hierfür die sich aus Art. 118, 119 i.V.m. Art. 35 BayEUG ergebenden Maßnahmen zur Verfügung, die von dieser in eigener Zuständigkeit zu prüfen sind.

2. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist die erstinstanzliche Kostenentscheidung, dass die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens nicht erstattet werden, nach § 81 Abs. 1 FamFG nicht zu beanstanden. Sich im Verfahren anwaltlich vertreten zu lassen, beruhte allein auf der Entscheidung der Eltern. Sofern es einem Beteiligten nicht möglich ist, seine außergerichtlichen Kosten und eventuelle Gerichtskosten selbst zu tragen, steht es ihm frei, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, wovon im Falle der Kindesmutter auch Gebrauch gemacht worden ist. Ein Anspruch oder die Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten der Eltern der Staatskasse aufzuerlegen, besteht nicht. Die Beschwerde der Eltern ist insoweit zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 68 Abs. 3 S. 1, 81 Abs. 1 FamFG. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen. Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 FamFG und beurteilt sich aufgrund der Einlegung des Rechtsmittels vor dem 01.01.2021 nach altem Recht, § 63 Abs. 1 S. 1 und 2 FamGKG.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 Abs. 2 FamFG.